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Rätselsuppe aufgetischt

Zum Auftakt tischte Karin Tischer dem Marketing-Club ein Rätsel auf. Eine Rätselsuppe, um genau zu sein, die der Koch im Kongresszentrum Westfalenhallen nach ihren Vorgaben zubereitet hatte.

Spargel, Käse, Blumenkohl oder Schwarzwurzeln? Geschmacklich lagen die Tipps der Club-Mitglieder allesamt daneben – obwohl es sich schlicht und einfach um eine Tomatensuppe handelte. Doch die war dieses Mal weiß. Auf diese Weise konnte Tischer ihren einstündigen Vortrag anschaulich mit einem Beispiel für „einen kleinen Trend“ beginnen, Speisen anders aussehen zu lassen als gewohnt. „Farben sind emotional tief in uns verankert, was auch ein Schutzmechanismus des Körpers ist“, erläuterte sie. Eine Tomate müsse unserer Erfahrung nach eben rot sein, sonst könne etwas nicht stimmen.

Farben seien fürs Marketing eine gute Möglichkeit, Verbraucher gefühlsmäßig abzuholen, so die Lebensmittelspezialistin, die als Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens „food & more“ viele weitere Ansätze vorstellte, um den Geschmack der Konsumenten zu treffen. Mit ihren derzeit 30 Mitarbeitern, darunter Gastronomen, Metzger und Marktforscher, entwickelt und verfeinert sie Produkte für namhafte Kunden. Nach eigener Aussage hat sie in den vergangenen 14 Jahren bereits mehr als 250 Marken betreut und dafür Potenziale bei Endverbrauchern erkundet. „In dieser Zeit ist uns kein einziger Flop passiert“, betonte sie – was besonders erstaunlich ist, weil in Deutschland „zwischen 75 und 98 Prozent“ der neu auf den Markt gebrachten Produkte Misserfolge seien. Es gebe inzwischen keine Regalreihe im Supermarkt mehr ohne Produkte, mit denen ihr Unternehmen zu tun hatte.

Visuelle Entdeckungsreise

Unter dem Titel „Trendscouting“ stellte Tischer ihren zahlreichen Zuhörern unterschiedlichste Entwicklungen aus der Welt des Genusses vor – ihre „visuelle Entdeckungsreise“ anhand eines Trendspiegels umfasste auch Skurriles wie „Wodka aus der Tube“ oder „String-Tangas zum Anknabbern“. Doch egal, welcher Richtung man folge, ob Lifystyle-, Bio- oder Brain-Food, um nur einige aufzuzählen: Entscheidend sei am Ende immer der Geschmack. Der ist allerdings sogar innerhalb Europas sehr unterschiedlich.

Mit einer Anekdote verdeutlichte Tischer Eigenarten, auf die sie bei ihrer Arbeit stößt: Im Auftrag eines italienischen Pastaherstellers sollte sie herausfinden, warum deutsche Konsumenten die in Italien erfolgreichen Saucen nur selten kauften. Die Erklärung: „Während der Italiener sehr wenig davon auf die fertigen Nudeln gibt und alles vermengt, stellt der Deutsche Nudeln und Sauce auf den Tisch und kippt dann viel mehr darüber.“ Dafür war jedoch der Geschmack der Saucen zu intensiv und wirkte überwürzt. Angepasst an den deutschen Markt musste das Produkt daher milder werden.

Für Erheiterung der Club-Mitglieder sorgte auch Tischers Erkenntnis, wie sich das „latent schlechte Gewissen“ von Verbrauchern mit Psychologie überlisten lasse: „Salate bei McDonald’s beispielsweise sind von den Umsatzzahlen her zu vernachlässigen. Sie sind aber trotzdem im Programm, um dem Kunden das Gefühl zu geben: Du hättest ja zumindest die Gelegenheit gehabt, einen Salat zu nehmen.“

In einer lebendigen Fragerunde im Anschluss an ihren Vortrag nannte Tischer Leidenschaft und Fröhlichkeit als Grundlagen ihrer erfolgreichen Karriere. „Meine Philosophie lautet: Wenn wir uns den ganzen Tag über mit Genuss beschäftigen, dann müssen wir den auch selbst haben.“ Und das führe dann beispielsweise dazu, dass sie ihren Mitarbeitern ermögliche, reihum für einander zu kochen.