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Digitale Signale für besseren Rehbraten

„Wir wollten nicht, dass es uns wie Leica geht, nämlich zu lange auf eine sehr erfolgreiche, aber eigentlich überkommene Technologie zu setzen“, schilderte Kay Pawlik, Geschäftsführer des Leuchtenherstellers ERCO, die Herausforderung, vor der das Unternehmen kurz nach der Jahrtausendwende stand. „Denn es war ja klar, dass die digitale Welt alles überformen würde.“ Dabei hatte ERCO bereits eine Häutung hinter sich. Eine erfolgreiche sogar, denn in den siebziger Jahren hielt es Inhaber Klaus Jürgen Maack schon für wichtig, nicht nur als Leuchten-, sondern auch als Lichtfabrik aufzutreten. Nicht mehr das einzelne Element sollte wichtig sein, sondern die Kompetenz als Lichtdienstleister. Damit war ERCO weit gekommen und hatte sich im Business-to-Business-Geschäft etabliert: Namhafte Retailer wie ZARA rüsten ihre Läden weltweit mit ERCO aus, berühmte Bauten wie das Burj-al-Arab setzen auf Lüdenscheider Lichtkompetenz.

Aber eben auf Lichtkompetenz, die auf analog erzeugtem Licht basiert. Genau das wollte das Team aus jungen Führungskräften um Kay Pawlik ändern – und damit im Sinne des Gründers und Inhabers Maack wirken, der die aktuelle Geschäftsführung weitergegeben hatte, aber hinter dem Erneuerungswillen des neuen Führungsteams stand – und noch steht. Eine Konsequenz: „Seit 2003 entwickeln wir nur noch LED“, berichtete Pawlik bei der Marketing-vor-Ort-Veranstaltung des Dortmunder Clubs im September im Lüdenscheider Hauptquartier. Dass damit die Lichtfabrik ganz weit vorn ist, davon konnten sich die Gäste selber überzeugen. Hochwertigste Dioden werden von der ERCO-eigenen Elektronikentwicklung mit ausgeklügelter Steuerungstechnik umgeben, selbst entwickelte prismatische Filter bündeln das Licht, sodass selbst aus einer einzelnen, nur wenige Millimeter kleinen Diode ein kleiner Scheinwerfer wird, der es mit weit größeren analogen Leuchtmitteln aufnehmen kann. Das demonstrierte Architekt und Marketingmann Marc Hertings mit einer schlichten, 20 mal 20 Millimeter großen Platine, auf der die Diode samt der ERCO-Elektronik montiert war. Prisma drauf, Scheinwerfer-Richtstrahl an. Eine selbstentwickelte Streuscheibe davor – und aus dem runden Licht wird ein waagrechter Lichtbalken. Alles aus einer Diode. Vollends digital wird die Lichtfabrik aber erst dadurch, dass die Leuchten, die viele verschiedenfarbige Dioden bündeln, sich miteinander vernetzen und mit – selbstverständlich selbst entwickelter – Software auch fast unbegrenzt steuern lassen.

Natürlich zeigte ERCO im Vortragsraum, was das bedeuten kann: Einzelplatzbeleuchtung, kombiniert mit dezenter, warmtoniger Gesamthelligkeit, ist ideal fürs Restaurant am Abend. Wenige, gezielte, vertikale Lichter auf die Wände lassen den Raum hell sein ohne zu stören oder gar zu blenden. Farbige, flächige Lichtspiele kommen zum Teil aus denselben Leuchten, die zuvor noch Spots waren. Alles gesteuert via Laptop-WLAN-Verbindung zum Lichtserver, an den jede einzelne Leuchte angeschlossen ist. Und dem sie auch Daten liefert. Bis hin zum Verbrauch und der Restlebensdauer. Was bei LEDs eine ganze Menge ist. „Erst nach 50.000 Stunden verändert sich das Licht so, dass wir es nicht mehr sinnvoll ausgleichen können. So richtig wahrnehmen lässt sich das aber noch nicht“, so Pawlik. „Vermutlich geht die LED erst nach weiteren 50.000 aus“.

„Wir sind nun ein Lichtnetzwerk“

Weil ERCO auch als Unternehmen langlebig sein will, hat man nicht nur alle Produkte digitalisiert. „Auch unser Unternehmen haben wir vollkommen neu aufgestellt – wir sind nun Lichtnetzwerk“, sagte Pawlik. Fünf eigens eingestellte Mitarbeiter kümmerten sich um nichts anderes als die Unternehmensentwicklung. Alle Mitarbeiter stellten alle Prozesse im Unternehmen zusammen, um herauszufinden, was mit wem zusammenhängt, welche Prozesse wirklich wichtig sind und wie man sie optimieren kann. „Da waren fast alle mit Begeisterung dabei – bis hin zur Montiererin.“ Herausgekommen ist eine Organisation, die sich über nur noch zwei Kernprozesse definiert: den PEP, den Produkteinführungsprozess und den Projektprozess. Mit dem Effekt, dass sich ERCO noch mehr als Dienstleister für Licht begreift. „Denn heute erhält jeder Kunde eine individuell angepasste Lichtanlage, der Beratungsprozess ist meist deutlich länger als die Produktion.“

Wie das alles funktionieren kann? Es braucht ein Familienunternehmen, dessen Inhaber sich mit den neuen Konzepten identifizieren kann. Und bereit ist, in guten Zeiten Geld nicht abzuschöpfen, sondern für schlechte Zeiten in neue Ideen zu investieren. Dann springt sogar noch ein Rat für die Esszimmerbeleuchtung zuhause heraus, bei der Pawlik von Leuchtstoffenergielampen jedenfalls abrät: „Da sieht auch ein noch so gut gerösteter Rehrücken immer grau aus.“